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2014-11-23

52 Wochen | 43 | stör

293/365 • stör

Ein schöner Nebeltag war das. Da dachte ich mir schon, dass ich mir mal wieder angewöhnen sollte, neben der Harinezumi auch noch eine "richtige" Kamera dabeizuhaben, wenn ich unterwegs bin...

THE OATH - The Oath

Wenn es von einer Band nur die zwei blonden weiblichen Mitglieder in hautengen Klamotten mit tiefem Ausschnitt aufs Cover schaffen, dann ist davon auszugehen, dass es sich nicht um die Bassistin und die neben der Bühne Tamburin spielende Freundin des Leadsängers handelt.
Es sei denn, die männliche Mitglieder sind wirklich hässlicher als die allertiefste Nacht, wollen aber trotzdem mit einem schlichten Bandfoto Platten verkaufen.

 Nein, die deutsche Sängerin Johanna Sadonis und die schwedische Gitarristin Linnéa Olsson sind im Quartett The Oath durchaus die Chefinnen im Ring.
Korrektur: Sie waren die Chefinnen. Vielleicht eine zu viel? Denn so kommerziell klug der Ansatz mit dem hübschen Cover auch gewesen sein mag, so enttäuschend war es dann auch, dass sich diese vielversprechende Band kurz nach der Veröffentlichung des Debütalbums schon wieder aufgelöst hat.

Und das ist nicht nur schade für visuelle Conaisseure von sexy metal chicks.



THE OATH - The Oath (Purple Vinyl) (2014)

Tatsächlich haben The Oath hier eine außerordentlich gelungene Packung Heavy Metal auf die Welt losgelassen.

Man kann die Musik auch als Retrorock bezeichnen, weil sie ganz klar auf der von The Devil's Blood salonfähig gemachten Okkultrockwelle schwimmt. Wir haben hier also Hardrock der siebziger Jahre, mit einem psychedelischen Doomeinschlag, der so ähnlich auch bei Avatarium zu hören ist.
Einige Passagen erinnern auch an die derzeit in aller Ohren klingenden Blues Pills, wobei sich The Oath jedoch von der Blues-Basis aus zu deutlich dunkleren Gefilden hin orientieren.

Ein wenig stoßen die Einflüsse wohl auch schon in die Achtziger vor ("The Oath" ist immerhin ein Klassiker von Mercyful Fate), zusammen mit der Rainbow/Black Sabbath-Grundlage und manchmal auch etwas motörheadiger Riff-Räudigkeit, lässt sich das Ganze also ducrhaus guten Gewissens einfach als Heavy Metal titulieren.

Genrebezeichnungen sind natürlich Schall und Rauch, was zählt ist am Ende nur, ob es rockt - und das tut es ganz gewaltig. Eine Stimme mit Wiedererkennungswert, eingängige und dabei niemals peinliche Hooks, effektive Riffs und auch einige Ohrwurmleads bestimmen das Bild.
Der eine ganz monumentale Oberkracher für die Ewigkeit ist noch nicht dabei (dafür hätte es wohl noch ein, zwei Alben mehr gebraucht), doch das Grundniveau aller Songs ist schon durchaus mächtig hoch. Und jedes Stück hat seine eigenen Schnörkel und i-Tüpfelchen, es gibt also keine Füller.

"The Oath" ist ein Album, ganz anders, aber in etwa auf dem Level des Blues Pills-Debüts. Eigenständig und durchgehend gelungen. Wirklich sehr sehr schade, dass es diese Gruppe schon nicht mehr gibt!

Auch die Produktion finde ich sehr gelungen, dazu enthält die als schlichtes schönes Gatefold verpackte LP noch den Downloadcode für die mp3-Version des Albums.

Dass das Vinyl selbst in attraktivem Lila kommt, war für mich eine schöne Überraschung obendrauf, da dies bei jpc, wo ich die Platte zusammen mit der neuen Magma für jeweils dreizehn Euro bekommen habe, gar nicht angegeben war.

Da macht die Heavy rotation doch gleich noch mehr Freude!
 




Anspieltipps: Silk Road, Psalm 7, Black Rainbow, Leaving Together


Und jetzt bin ich wieder genau an dem Punkt wie vor einem Monat nach dem Review des neuen Albums von Tori Amos: alle Musikveröffentlichungen von 2014 sind komplett durchrezensiert. Nichts mehr übrig! Aber auch diesmal gehe ich davon aus, dass da wieder Nachschub kommen wird, auch wenn ich z.Zt. nichts in Vorbestellung habe. Glaube ich zumindest...  ;)

MAGMA - Rïah Sahïltaahk

Ich habe dieses Jahr ja mehr als ein fantastisches Konzert besucht (und ein paar vielversprechende kommen noch), aber eine der legendärsten und die herausragendste aller Bands, die ich gesehen habe, war zweifellos Magma auf dem Roadburn Festival.
Auf diesem Konzert spielten die Franzosen auch eine neue Komposition, die meine Vorfreude auf ihr nächstes Album definitiv auf ein höheres Niveau als eh schon vorhanden gehoben hat.

Jetzt ist mit "Rïah Sahïltaahk" ein neues Werk erschienen, das neue Album ist es allerdings nicht.

Tatsächlich ist diese EP nur der Startschuss einer ganzen Reihe von Neu- und/oder Wiederveröffentlichungen zum fünfundvierzigjährigen Jubiläum der Band, die Magma über Jazz Village in den kommenden anderthalb Jahren noch rausbringen wird.
Es lohnt sich also für alle Fans und Vinylliebhaber, die Augen offen zu halten nach dem, was da noch alles kommen mag!

Und dies bleibt wohl die zentrale Botschaft dieses Reviews.

Bei der Besprechung der Platte selbst habe ich nämlich zwei Probleme...





MAGMA - Rïah Sahïltaahk (Vinyl) (2014)

Wie gesagt ist "Rïah Sahïltaahk" eine neue Aufnahme. Obwohl sie auf CD/Download in acht Tracks und auf Vinyl natürlich zu zwei Seiten aufgeteilt ist, handelt es sich im Prinzip nur um ein Lied, welches bereits auf dem Album "1001° Centigrades" von 1971 vertreten war.
Allerdings war Drummer und Mastermind Christian Vander mit der Performance der damaligen Besetzung nie so richtig glücklich und hat das Stück nun mit dem aktuellen Line-Up in einer neu interpretierten Version nochmals aufgenommen.

Und hier komme ich zum ersten meiner beiden Probleme: Ich bin mit der alten Version nämlich nicht vertraut und kann daher nicht mit Vergleichen dienen. Da das Ding alles enthält, was ich an Magma so großartig finde und ich nirgendwo einen Makel hören kann, gehe ich mal davon aus, dass dies die bessere Version ist. Aber so lange ich zu faul bin, in die ursprüngliche Version reinzuhören, bleibt dies natürlich Spekulation.

Mein zweites Problem ist ein ähnliches, wie ich es z.B. auch mit Autopsy habe, nämlich dass ich den Stil der Gruppe nun schon ein paar Mal mit den wichtigsten Stichworten beschrieben habe, und im Grunde nur noch copypasten kann, da sich sich am einzigartigen Rezept auch hier grundsätzlich nichts ändert.

Aber gut: Magma spielen Zeuhl, eine zumeist schnelle, treibende Mischung aus wildem Jazz und Progrock mit starken klassischen Einflüssen von Carl Orff und Richard Wagner, sehr viel hypnotischem, mal harmonischem, mal schrillem Chorgesang, welcher Legenden aus der Geschichte des Planeten  Kobaïa erzählt. Natürlich auf kobaïanisch.

Lyrische Kostprobe gefällig? 

"Ï dëhn sï dëhn soïa
Dros sï dröh mëhn zaï
Ï ẁah sï ru su Toïdo dëhn zaï
Dröh mëhn stoï ah dë Rïah Sahïltaahk
Dëhn ẁah sï ru su dëhn ẁah sïn dö
Sôwi niïh sôwï niïhahn" 

Alles klar?
Und das ist nur ein Abschnitt, bei dem ich weiß, wie ich Sonderzeichen hinbekomme...

Die Besetzung ist dieselbe wie live, also neben dem Chefwahnsinnigen zwei Sängerinnen inkl. seiner Frau Stella Vander, ein weiterer Sänger, Gitarre, Bass, Klavier und Vibraphon.

Wer Magma mag, der kann hier gar nichts verkehrt machen, und für Neulinge ist der Sound ähnlich verwirrend wie bei den meisten anderen Veröffentlichungen.
Dies ist einzigartige, irrwitzige Musik, in der es viel zu entdecken gibt, düster und erheiternd zugleich - je nachdem wie das Gehirn / Gehör es gerade leichter einordnen kann. Auch nach 45 Jahren immer noch größte kauzigste Kunst und hoch unterhaltsam!


Das Cover ist übrigens nicht grau, sondern spiegelnd silber, was ein frontales Abfotografieren ohne Selfie oder allerhand anderes Gedöns auf dem Bild beinahe unmöglich macht.
Es liegt ein kompletter Lyricsheet bei, was auch wenn man kein Wort versteht, bei Magma doch immer eine Bereicherung darstellt.

Die Pressung (schweres audiophiles Vinyl) ist tadellos und der beiliegende Downloadcode führt nicht zu mp3s, sondern zu unkomprimierten wav-Dateien.

Beim "richtigen" neuen Album und allem, was in dieser Serie 2015 sonst noch veröffentlicht wird, ist also qualitativ einiges zu erwarten.


Anspieltipps: alles, denn es ist ja eigentlich ein Lied

2014-11-19

DAVID BOWIE - Sue (Or In A Season Of Crime)

Bald ist Weihnachten, also lässt die Musikindustrie ihre Dinosaurier von der Leine.
Alte Alben neu verpackt und neue Alben mit altem Inhalt, Boxen, Bücher, Best Ofs noch und nöcher...

AC/DC sind AC/DC sind AC/DC sind AC/DC sind *gähn* ... Wo war ich gerade?

Pink Floyd lassen den Cargohosencomputermann über den Kitschhimmel steuern - dummerweise ist er mit dem Fahrstuhl inkl. entsprechender Beschallung dorthin gekommen.

Queen haben dieses Jahr zwar mit "Live At The Rainbow '74" ihr bestes Livealbum aller Zeiten rausgebracht, reanimieren für die Gabentisch-Invasion jedoch lieber Freddie Mercury und Michael Jackson für ein Duett, welches aus gutem Grund nicht zu deren Lebzeiten veröffentlicht worden ist.

Und was tut David Bowie, der letztes Jahr so überraschend aus dem Nichts Wiedergekehrte?

Mit "The Next Day" hatte er (bzw. seine Plattenfirma) sich ja diesem elenden Trend angeschlossen, eine früh im Jahr erschienene Platte gen Jahresende noch einmal in einer erweiterten Version herauszubringen. (vergleiche Lana Del Ray "Born To Die" -> "Born To Die - The Paradise Edition")

Und nun bringt er eine karriereumspannende Best Of raus, natürlich mit dem obligatorischen einen neuen Lied als Köder... aber halt!

Dieses Lied bekommt man ja auch ohne den restlichen Rattenschwanz.

Und ist es weihnachtsgerecht eine Ballade? Berlint es? Oder rockt es eher?

Wie? Bowie macht jetzt Jazz?

Ach, das ist dann bestimmt eine festtagstaugliche Nummer, so in Richtung Kaufhaus-Big-Band-Swing mit den bewährten Evergreens der letzten siebzig Jahre - Mr. Bowiejangles sozusagen... Oder etwa nicht?




DAVID BOWIE - Sue (Or In A Season Of Crime) (10" Vinyl) (2014)

Die Maxi-Single "Sue (Or In A Season Of Crime)" gibt es nicht auf CD, sondern ausschließlich als Download - und vor allem als 10-Zoll-Schallplatte. Diese verzichtet - woran sich Pink Floyd vielleicht auch besser ein Beispiel genommen hätten - gänzlich auf ein Cover, sondern steckt einfach ganz retro in einer Papierhülle des Parlophone-Labels. Immerhin haben es aber die Songtexte noch auf die Rückseite geschafft. Das Vinyl selbst ist klassisch, schlicht und schön.

Ich wünschte mir allerdings zumindest für den Versand noch ein wenig mehr Schutz, musste ich doch wieder einmal eine brandneue Hülle mit Tesafilm verarzten, weil sich die Scheibe seitlich durchgefressen hat.


Die Rille mit der Musik hat zum Glück keinen Schaden genommen.

Es ist tatsächlich Jazz, eine Tatsache, bei der manche Fans offensichtlich schon reflexartig das Kruzifix zücken. Und ich dachte immer, David Bowie hat Narrenfreiheit und darf machen, was er will...

Seit mir irgendwann einmal bewusst geworden ist, dass Bowie in bestimmten Stimmlagen durchaus eine Schnittmenge mit Chris Farlowe besitzt, könnte ich mir viele Stücke der Jazz/Blues/Rock-Fusionisten von Colosseum durchaus mit Bowie am Mikro vorstellen. Tatsächlich hat mich erst neulich auf ihrem aktuellen Album der Song "Next New Day" sehr stark an Bowie erinnert.
Und nun haut der Meister selbst hier seinerseits einen über sieben Minuten langen Brocken raus, der locker aus den Reihen von Colosseum stammen könnte.

"Sue" ist sehr düsterer Jazz, zugleich schwermütig und aufbrausend.
Zu treibendem Bass und solierendem Saxophon kreist das rastlose Schlagzeug wild um sich selbst und jagt den Song doch voran, so wie es - stilistisch weit entfernt und doch im Grunde artverwandt - im Prinzip auch ein elektronischer Breakbeat tun könnte.
Darüber türmen sich soundtrackartige dunkle Orchesterarrangements auf und fallen in sich zusammen. Ja, der ganze Song stürzt zwischenzeitlich in kontrolliertes Chaos ab.
Und Bowie singt langsam und klagend dazu. Große Kunst fernab der Radiokonventionen. Alles richtig gemacht!

Auf der B-Seite gibt es zwar auch noch einen vierminütigen Radio-Edit, aber echte Das-Beste-aus-den-80ern-90ern-und-von-heute-Formatkost ist das Ding so zum Glück auch noch nicht.
Wozu auch? Warum sollte sich ausgerechnet Bowie noch darum kümmern, ob seine Stücke auch zur Überbrückung von Stau- und Blitzermeldungen geeignet sind?


Der zweite Song "'Tis A Pity She Was A Whore" funktioniert ähnlich wie "Sue". Auch hier ist Bowies Organ der croonende Ruhepol über einer Musik, die viele chaotische Wellen schlägt.
Der Sound ist allerdings ein ganz anderer. Zu einem offensiven, prima mit Queens "Don't Lose Your Head" mashbaren Beat spielen flächige Keyboards und in Tempo und Intensität ständig variiernde Loops. Könnte man ebensogut auf einem Album von Archive finden.
Nicht der Grund, sich die Platte zu kaufen, aber für mich auch kein Argument dagegen.


Fazit: David Bowie ist nach wie vor experimentierfreudig, relevant und einfach einer der ganz Großen seiner Generation. 'Tis a pity, dass es nicht ein ganzes neues Album mit mehr davon gibt.

Aber nächstes Jahr ist ja wieder Weihnachten.


Anspieltipp: ach, alles, ist ja schließlich nur eine Single

2014-11-14

AVATARIUM - All I Want

Nach dem hervorragenden Debütalbum vom Vorjahr legen die schwedischen Doomrocker Avatarium nun noch eine EP mit neuen Studiosongs sowie Liveaufnahmen nach.




AVATARIUM - All I Want (Gold Vinyl) (2014)

Angekündigt war "All I Want" als 10"-EP, es sind dann doch die herkömmlichen 12" geworden, allerdings mit unterschiedlichen Abspielzeiten. Das Cover finde ich ja an sich nicht überragend, hat man sich allerdings eine der auf 300 Stück limitierten goldenen Platten gekauft, macht es sich insgesamt doch wieder ziemlich schick.
Die Hülle kommt zudem noch als Gatefold mit Livefotos der Band auf der Innenseite. 

Seite A enthält den Titelsong, ein flottes, im wesentlich auf der Power eines Riffs basierendes Stück, in dem Candlemass und Rainbow auf einen Blue Öyster Cult-Groove treffen, der durchgehend "We need more cowbell!" zu brüllen scheint. Es klötert passenderweise auch einiges an Percussion zu diesem Retro-Hardrocker.

"Deep Well" ist ein langsamerer Song mit bluesiger Basis, welcher die epischere, Black Sabbath-Seite der Gruppe mehr herauskehrt und u.a. durch schön gleitende Leadgitarren glänzt.

Auf beiden Tracks weiß Sängerin Jennie-Ann Smith erwartungsgemäß zu begeistern. Dabei ruft sie nicht einfach ihre Leistung vom letzten Tonträger ab, sondern setzt auch hier und da neue Akzente.  Weiterentwicklung also. Die beste Gesangsleistung dieser Dame haben wir sicherlich noch nicht gehört!

Spielt man die Platte übrigens zu langsam ab, funktioniert "All I Want" dennoch sehr gut. Und die Frontfrau gibt  in der Version einen durchaus interessanten Sänger ab.


Die zweite (45rpm-)Seite gehört mit "Pandora's Egg", "Tides Of Telepathy" und "Bird Of Prey" dann drei älteren Songs, und zwar in Liveversionen vom zweiten Auftritt der Band überhaupt, auf dem Roadburn Festival, wo ich ja als Zuschauer und Fotograf zugegen sein durfte.

So großartig wie das Konzert, so gelungen sind auch diese drei Aufnahmen.

Im 013 wissen sie halt, wie man Shows für die Nachwelt konserviert.

Fazit: Eine schöne kleine Doom Metal / Psychedelic Rock- Scheibe mit wunderbarem Gesang, bei der man als Fan der Genres nichts verkehrt machen kann.

Schwedisches Gold!




Anspieltipps: All I Want, Bird Of Prey (Live), Deep Well


2014-11-13

COLOSSEUM - Time On Our Side

Kommenden Freitag erscheint es offiziell, auf ihren Konzerten ist es allerdings jetzt schon zu haben: das neue Album von Colosseum. Titel und Cover könnten einen auch in die Irre leiten, da sie durchaus etwas nach Retrospektive riechen. Tatsächlich bietet "Time On Our Side" jedoch neun neue Stücke der alten Herren (plus Dame).

Dass sie es live immer noch drauf haben, erwähnte ich hier ja schon. Wie sieht es im Studio aus?




COLOSSEUM - Time On Our Side (LP) (2014)

Um die Frage gleich zu beantworten: Es sieht sehr gut aus!

Natürlich sollte man keine neue "Valentyne Suite" oder "Rope Ladder To The Moon" erwarten. Wo sollte solche Songs auch noch in einem Liveset Platz finden?
Nein, das Liedformat bewegt sich eher im konventionelleren Bereich von sagen wir mal "Elegy" oder "Three Score and Ten, Amen".

Doch auch ohne das ganz lange, wilde Ausarten früherer Tage ist "Time On Our Side" ein sehr abwechslungsreicher, bunter Strauß geworden, was auch schon die vielen unterschiedlichen Komponisten-Credits andeuten.

Der von Saxophonistin  Barbara Thompson komponierte Opener "Save As Houses", zu dem ihr Ehemann, Drummer Jon Hiseman den sarkatischen Text geschrieben hat, wird von Orgelgroove und Saxophon dominiert, und Chris Farlowes markante Stimme macht von Anfang an klar, dass es sich um ein ganz typisches Stück Colosseum handelt.

Die meisten Texte - abgedruckt auf der Außenhülle - wurden von Pete Brown, nicht Mitglied der Band, aber eben lyrisch sehr befähigt, verfasst und sind meiner Meinung nach sehr stark, ohne dass ich jetzt konkret benennen könnte, warum dies so ist. Aber eben dies macht gute Songtexte ja auch aus.

Es folgt mit "Blues To Music" ein lupenreines - Überraschung! - Blues-Duett zwischen Farlowe und Ana Gracey, der Tochter von Thompson und Hiseman, welche dieses Lied einst als Teenagerin geschrieben hat. Von allen Tracks ist dieser wohl der generischste, aber gerade die Gesangsperformance rettet das Stück doch noch vor zu großer Beliebigkeit.

Ganz anders "The Way You Waved Goodbye", ein schnelleres Stück, in dem sich Farlowe den Gesang erstmals mit dem Chor aus Gitarrist Clem Clempson und Bassist Mark Clarke teilt. Ein klares Highlight.

"Dick's Licks" (bezieht sich vermutlich auf das 2004 verstorbene Bandmitglied Dick Heckstall-Smith) verspricht zunächst einmal entspannten Swing, stürzt jedoch zwischendurch in eine fast schon böse Bridge ab. Ein seltsames Lied. Seltsam im Sinne von gut.

Zum Abschluss der A-Seite singt Mark Clarke mit seiner im Vergleich zu Farlowes Reibeisenorgan sehr klaren Stimme die Klavier-/Orgelballade "Nowhere To Be Found", welche mich in den reduziertesten Passagen doch tatsächlich an die ruhigsten Lieder der gerade von mir rezensierten Progmetaller Haken erinnert. Da sieht man mal wieder, dass musikalische Qualität immer aktuell bleibt.

Fast schon fröhlich (lässt man den die Musik konterkarienden Text außen vor) und mit tollem mehrstimmigen Gesang eröffnet "City Of Love" die zweite Seite. Doch auch dieser Song offenbart schon bald mehr Tiefe als zunächst angenommen... Hier passiert einiges, u.a. meine Lieblingsbassläufe auf dem Album, und auch ein paar ganz feine Gitarren.

"You Just Don't Get It" ist der zweite reine Blues der Platte. Musikalisch interessanter als der erste, offenbart er in seiner Laufzeit von immerhin sechseinhalb Minuten doch ein paar leichte Längen. Von daher zwar immer noch gut, aber eher nicht mein Favorit.

"New Day" ist ein relativ straight rockballadiges, melancholisches, irgendwie auch sehr britisches Lied. Und es liegt nicht nur an Chris Farlowes Stimmlage, dass ich es mir ebenso gut als aktuelles Werk von David Bowie vorstellen könnte.

Im bombastischer angelegten Abschluss "Anno Domini" übernimmt dann wieder Clarke den Gesang und droht dabei ein paar Mal, beinahe die Kitschlatte zu reißen, weswegen mir Farlowe hier wohl etwas besser gefallen hätte. Das orientalisch wirkende Sax/Gitarren-Thema gleicht dies aber zum Glück aus.


Man merkt: Ein paar leichte B-Notenabzüge kann ich mir aus den Fingern saugen. Gegenüber allem, was mir an dem Album ohne wenn und aber gefällt, machen diese sich jedoch ziemlich mickrig aus.

Dass es die 1968 gegründete Band überhaupt noch gibt, ist ja an sich schon eine Sensation. Und dass sie sich nicht damit begnügen, Konzerte zu geben, sondern auch noch ein so starkes Album rausbringen, obwohl live kaum Raum neben den Klassikern vorhanden ist; das betrachte ich doch als äußerst willkommenes i-Tüpfelchen.

Very nice to have!

Anspieltipps: City Of Love, The Way You Waved Goodbye, Safe As Houses, Nowhere To Be Found



NACHTRAG 13.11.2014:

Wie ich jetzt feststellen musste, gibt es eines der größten Highlights des Albums, eine Liveaufnahme von Jack Bruces über siebenminütiger "Morning Story", leider nur auf der CD bzw. mp3-Version des Albums. Ärgerlich. Es dauert wohl noch eine Weile, bis es sich überall als guter Stil eingebürgert hat, 1. einer LP Gratis-Downloadcodes beizulegen, die dann 2. auch evtl. nicht aufs Vinyl passende Bonustracks einschließen.
Ich habe mir das Ding nun noch runtergeladen, fühle mich dabei aber schon unnötig gemolken.

Abgesehen davon ist der Track aber wirklich großes klassisches Colosseum.

Die Songreihenfolge von CD/Download ist ansonsten noch minimal anders, "Nowhere To Be Found" und "City Of Love" sind vertauscht. Hört man das Album (ohne Seitenwechsel) am Stück, ist das tatsächlich schöner. Auf der LP ergibt es allerdings mehr Sinn, beide Seiten mit einem Clarke-Gesangsstück abzuschließen.

2014-11-10

THE CRIMSON PROJEKCT - Live In Tokyo

Als ich mir bei Inside Out Music die "Restoration"-Vinylscheibe von Haken bestellte, landete als Bonus noch eine feine Live-CD im Warenkorb.


THE CRIMSON PROJEKCT - Live In Tokyo (2014)

Wie der Name schon vermuten lässt, besteht hier ein enger Zusammenhang zu den Progrock-Heiligen King Crimson.

Eine Liveband um aktuelle und ehemalige KC-Mitglieder spielt (mit dem Segen des abwesenden Masterminds Robert Fripp) Klassiker z.B. von den meisterlichen Alben "Red", "Indiscipline" und "Larks's Tongues In Aspic".

Das und die Namen Adrian Belew (Gitarre und Gesang) und Tony Levin (Monstrum an Bass und Chapman Stick) sollten alleine schon reichen, um zu wissen, dass man hier gar nichts verkehrt machen kann.

Legendärer abgedrehter, virtuoser Progrock  mit einer göttlichen Rhythmussektion. Oder Rhythmussektionen, wenn man's genau nimmt. Denn tatsächlich stehen hier zwei Trios, das Adrian Belew Trio und die Stick Men, gemeinsam auf der Bühne und spielen mal einzeln, mal zusammen, mal umeinander, so wie es King Crimson auch eine zeitlang mal gemacht haben. Das Ergebnis ist über jeden Zweifel erhaben.

Der Klang der 2013 auf mehreren Konzerten in Tokyo entstandenen Aufnahmen ist auch super. Wir haben hier also eine sehr gelungene  Scheibe, die auch ohne Fripp durchaus als Quereinstieg für King Crimson-Ahnungslose taugt.

Die Frage, ob die Welt darauf gewartet hat, vermag ich nicht zu beantworten. Zumal die Qualität dieser Songs ja schon reichlich dokumentiert ist. Wahrscheinlich ist die Existenz dieser CD musikhistorischer Luxus. Aber den muss man sich ja auch mal gönnen können.


Anspieltipps: Indiscipline, Larks' Tongues In Aspic Pt. 2, Sleepless, Industry, Frame By Frame, Red


2014-11-09

HAKEN - Restoration

Nach "The Mountain", unzweifelhaft einem der herausragendsten Prog Metal-Alben der letzten Jahre, beglücken Haken uns nun mit einer (immerhin auch schon über halbstündigen) EP, auf welcher sie drei alte Demo-Songs unter der Maßgabe "Wie hätten wir's heute gemacht?" neu interpretieren.


HAKEN - Restoration (Orange Vinyl + CD) (2014)

Da ich die Original-Demos nicht kenne, kann ich keinen Vergleich anstellen. Für mich knüpfen die Tracks daher ziemlich logisch an "The Mountain" an.
"Darkest Lights" und "Earthlings", zwei ordentliche Sieben- bzw. Achtminüter will ich an dieser Stelle einfach mal unterschlagen - nicht weil die Songs nicht taugen, sondern weil der abschließende über neunzehnminütige Epos "Crystallised" alles so sehr überstrahlt, dass er als Reviewgegenstand und Kaufargument genügen sollte.

Dieser Song vereinigt wohl fast alles, was Haken können. Der von Dream Theater und Pain Of Salvation inspirierte Grundsound, dazu komplexe Vocalarrangements, die nicht nur mainstreamferne und doch ohrwurmtaugliche Melodien bieten, sondern auch Passagen, die an die irrwitzigsten A Cappella-Elemente von Neal Morse bzw. Spock's Beard und natürlich die allheiligen Queen erinnern.
Neben ernsthafter knallhart riffender Intensität und unverhohlenem Bombast umarmen Haken auch die albern kitschige Folkschlagseite des 70er-Jahre-Progrocks und drehen an instrumentalen Stellen auch mal am mr.bungleschem Jahrmarktskarussell.
Der neue Bassist, für den dies die erste Studioarbeit mit der Band ist, setzt auch einige auffallende slappende Ausrufezeichen.

Spielfreude und Frische springen einem jederzeit ins Gesicht und einwandfrei produziert ist das Ganze auch. Dazu ein gelungenes Coverartwork, Texte, ein hübsches orange-transparantes 12"-Vinyl und als Dreingabe kein Download-Code, sondern gleich eine CD, was mir gut gefällt, da es immer noch Situationen gibt, in denen ich auf die Silberscheibe angewiesen bin (z.B. im Firmenwagen).

Nebenbei haben Haken mit den Pressemitteilungen zu "Restoration" noch herrlich das Internet getrollt. Der große Mike Portnoy hat an "Crystallised" nämlich auch noch mitgewirkt!
Diese heiße Meldung konnten sich die üblichen topaktuellen, voneinander abschreibenden Metalnewsseiten natürlich  nicht entgehen lassen. Und wo Portnoy gesagt wird, sind natürlich auch die Kommentarspaltenspacken nicht weit...
Ach ja, was seine Performance angeht: Er schlägt am Ende des Stückes den Gong.

Anspieltipps: Crystallised

52 Wochen | 41 | klärteich

275/365 • klärteich

2014-11-08

COLOSSEUM live in Hamburg (07.11.2014)

Wow, über sieben Jahre ist es schon wieder her, dass Colosseum in Kellinghusen gespielt haben!
Und eigentlich hatte ich auch nicht damit gerechnet, die dienstälteste Jazzrock-Gruppe des Planeten noch einmal live sehen zu können, vor allem da die inzwischen siebzigjährige Saxophonistin Barbara Thompson sich aufgrund ihrer Parkinson-Erkrankung endgültig von der Bühne verabschieden wollte. Neuer Medikamente sei Dank konnte sie sich jedoch wieder vom Abschied verabschieden.

Gestern also wieder Colosseum in der ausverkauften Fabrik, in klassischer Besetzung:
Chris Farlowe (Gesang), Clem Clempson (Gitarre), Dave Greenslade (Hammond), Mark Clarke (Bass), Jon Hiseman (Drums) und natürlich Frau Thompson.

Insgesamt habe ich die Jazz/Rock/Blues-Pioniere nun fünf Mal live gesehen (einmal noch mit dem verstorbenen Dick Heckstall-Smith am Saxophon), und noch nie konnte ich die Band so schlecht sehen. Das ist eben das Blöde an der ausverkauften Fabrik - es gibt immer hunderte Blindplätze. Im Laufe des Konzertes habe ich mich zwar zu besserer Sicht vorarbeiten können, aber an Bilder mit meiner Harinezumi-Spielzeugkamera war nicht zu denken. Immerhin war aber der Klang überall gut.

Und die Musik war natürlich wie erwartet fantastisch. Wobei ich angesichts der langen Zeit doch vergessen hatte, wie großartig diese Band live ist.
Die alten Herrschaften spielten neun Stücke in knapp zwei Stunden, darunter Songs aus der Zeit nach der Reunion 1994, die vom kürzlich verstorbenen Bassisten Jack Bruce geschriebene und ihm gewidmete "Morning Story", Lieder vom brandneuen Album "Time On Our Side", sowie natürlich das obligatorische irrsinnige Schlagzeugsolo und die vor fünfundvierzig Jahren etablierten Klassiker "Valentyne Suite" und "Lost Angeles".

Virtuosität, Improvisationen, Spielwitz ohne Ende und eben dieser ganz eigene Gesamtsound, den nur Colosseum hat. Kann ich nicht beschreiben, ist einfach toll. Großartig wie immer!

Und als i-Tüpfelchen war Chris Farlowe sofort nach der Show am Merchandising-Stand und hat mir meine LP signiert.


Das einzige, was man bei Colosseum in die Tonne treten kann, ist ein Großteil des Publikums.

Ich nenne sie ja gerne "Generation Jeansjacke", auch wenn sie novemberbedingt schon auf wind- und wetterfesteres Material umgestellt hatte: Platzhirschige Silberrücken ab Mitte fünfzig, die schon längst ein Haus gebaut und ein Kind gezeugt haben, denen aber noch das Baumpflanzen in der Liste ihrer Lebenserrungenschaften fehlt.
Deswegen schlagen sie im Konzert auch Wurzeln aus Beton. Und wenn sie sich tatsächlich mal einen Millimeter bewegen müssen, weil jemand vorbei möchte, dann fange die Idioten tatsächlich an, rumzumotzen als wollten sie sich gleich kloppen wie auf dem Schulhof. Klar, die dürfen das! Schließlich haben die das Auf-Konzerte-Gehen erfunden, damals als sowieso alles besser war.

Ich möchte selbstverständlich nicht alle über einen Kamm scheren, aber der große Anteil dieser weißhaarigen (der selbst erzeugte Stress...) Reviermarkierer macht das Colosseum-Publikum leider zu einer mittleren Schande für die Rockmusik an sich.
Diese Typen spannen bei Umsonst&Draußen-Konzerten wahrscheinlich auch beim allerersten Regentröpfchen sofort den Schirm auf oder tollwüten sich im Auto in Rage, weil man ihnen an einer nicht beschilderten Kreuzung von rechts aus die Vorfahrt nimmt.

Oder die setzen sich zu Hause mit Schaum vorm Maul an ihre PCs und wettern auf ihren Blogs endlos lange über vermeintliche Idioten (alle außer ich!) auf Konzerten.

2014-11-06

MONO - The Last Dawn / Rays Of Darkness

Auf die folgende Doppel-LP bin ich über facebook --> The Ocean --> Pelagic Records gestoßen. Ich sah das phänomenale Artwork - wirklich ganz ganz große Hüllenkunst - und hoffte sofort, dass die Band Mono, welche ich bisher auschließlich vom Namen her kannte, für mich interessant sein würde. Nach kurzer Internetrecherche wusste ich: yeah, ich kann mir dieses Kunstwerk vorbestellen!




MONO - The Last Dawn (white in clear vinyl) / Rays Of Darkness (black in clear purple vinyl) (2014)

Tatsächlich handelt es sich bei "The Last Dawn" und "Rays Of Darkness" um zwei parallel erschienene Alben der Japaner, welche man auch seperat kaufen kann.
Die Aufmachung bleibt in diesem Fall prinzipiell dieselbe, man bekommt die beiden Hälften des Covers und Gatefolds nur eben einzeln statt zusammenhängend.
(Bemerkenswert finde ich übrigens, dass trotz Credits auf den Innenhüllen nirgends auf Hülle oder Label der Name der Band genannt wird.)

Aber ob man die Alben nun als einzelne Veröffentlichungen oder Gesamtwerk betrachtet; wie die äußere Gestaltung schon deutlich macht, handelt es sich hier um zwei Seiten einer Medaille - yin und yang, Glück und Leid, Höhenflug und Absturz.

Das helle Album "The Last Dawn" bietet epischen instrumentalen Postrock zum Schwelgen und Schweben. Die klassische Rockbesetzung inklusive Klavier türmt hier, unterstützt von einem Streicherquartett, Schicht um Schicht eskapistische Melodien übereinander, bis sie in einem katharsischen Wall of Glückseligkeit explodieren. Da steckt jede Menge Sehnsucht drin, aber es ist stets erbauend und wunderschön, ohne sich in Kitsch zu verlieren.

Der einzige musikalische Vorwurf, den man Mono machen könnte, ist dass es ihnen vielleicht innerhalb ihres Genres ein wenig an Unverwechselbarkeit mangelt, was für eine rein instrumentale Gruppe allerdings grundsätzlich schon eine Ecke schwieriger als für Bands mit Gesang ist. Anderseits sind die Tracks allesamt klasse gespielt und wissen einfach zu berühren.

Ich wage mal zu behaupten, dass es für den Genuss von "The Last Dawn" relativ nebensächlich ist, was man sonst so für Musik hört. Wer sich innerlich zu Musik fallen lassen kann, insbesondere wenn sie Stimmungen wie die frühen Sigur Rós aufbaut, der ist hier grundsätzlich schon Zielpublikum. Das Album ist einfach zu verstehen und braucht keine Warmlaufzeit, um sich zu erschließen - pure Schönheit eben - und hat doch sowohl Kraft als auch Tiefgang.


"Rays Of Darkness", das dunkle Album, ist da anders. Sperriger und ungemütlicher.
Auch reduzierter, denn die Instrumentierung ist sparsamer, enthält also keine Streicher und auch weniger Klavier.

Dabei beginnt es mit "Recoil, Ignite" zunächst einmal genauso wohlklingend. Doch irgendwann im Stück bemerkt man, dass die Melodien gespenstischer und dunkler werden... Zwar hätte dieser Song auch nach dem Crescendo noch auf "The Last Dawn" stehen können, hätte dort aber schon einen dunklen Schatten geworfen.

Die folgenden drei Stücke gehen dann vollends in eine andere Richtung.
Kein gleichmäßiger Fluss, der sie vorantreibt und ein wesentlich depressiverer Grundton. Ich fühle mich hier eher an düstere und auch leicht verkopfte Stücke von Kayo Dot erinnert. Und wenn in "Surrender" die Trompete bläst denke ich auch etwas an die Kooperation von Sunn O))) und Ulver.

"The Hand That Holds The Truth" schleicht sich fünf Minuten lang unheimlich an, ehe es im größten Schockmoment des Albums in blackmetalesken Krach ausbricht, inklusive heiserem Krächzgesang (!), welcher sich vergeblich gegen Gitarrenwände anmüht. Sehr roh, aber wirkungsvoll.

Der abschließende Titelsong lässt dann jeden Hörkomfort hinter sich und kann auch kaum noch als Song bezeichnet werden. Vielmehr handelt es sich hier doch nur noch um eine kratzige brodelnde Drone-Frequenz, meilenweit entfernt von der Schönheit des "guten" Albums, doch in seiner Ausführung eben so pur. Yin und yang eben.


In welcher Reihenfolge man die Alben hören sollte, lassen Mono selbst offen. Ich würde jedoch jene empfehlen, die ich hier beschrieben habe, da der Absturz in die Düsternis so einfach effektiver ist.
Wer jedoch lieber aufgebaut statt ermattet das Hörelebnis beenden will, der fängt vielleicht lieber mit "Rays Of Darkness" an - oder belässt es nur bei "The Last Dawn".

Tatsächlich kann ich mir vorstellen, dass es Hörer geben mag, die nur mit einem Album (und zwar eher "The Last Dawn") etwas anfangen können. Von daher ist intensives Reinhören im Zweifelsfall nicht verkehrt.

Ich finde die Doppel-LP auch als Gesamtpaket sehr stimmig - und zum Artwork muss ich ja nicht noch einmal etwas sagen. Ein Traum!

Mono = große Postrockkunst.



Neben den LPs liegen noch mp3-Downloadcodes für die Alben bei.

Der einzige Minuspunkt (der allerdings kaum einem Leser etwas bedeuten wird, da er diese spezielle Klecks-Vinyl-Variante bestrifft, welche vermutlich eh schon vergriffen ist) ist dass sich das Plattendesign hier anscheinend doch ein wenig auf das Abspielverhalten auswirkt.
Ich weiß nicht, ob die LPs hier vielleicht minimal zu dick geraten sind, auf jeden Fall höre ich in ruhigen Passagen ein Grundgerumpel, welches ich sonst nicht habe... seltsam.

Um mir die Freude an den Alben zu verderben, reicht es allerdings nicht.


Anspieltipps "The Last Dawn": Kanata, Elysian Castles, The Last Dawn
Anspieltipps "Rays Of Darkness": Surrender, The Hand That Holds The Truth


2014-11-02

52 Wochen | 40 | mühlenteich

274/365 • mühlenteich

TRANSATLANTIC - KaLIVEoscope

Das ist doch mal eine nette Sendungsankündigung:


Klar, zu einem neuen Livedokument von Transatlantic kann ich unmöglich nein sagen. Tatsächlich höre ich mir ja z.B. "The Whirlwind" fast nur noch in der Liveversion an.

Und weil die Deluxe Version neben der Blu-Ray (bzw. den DVDs) mit dem diesjährigen Konzert in Köln auch drei CDs mit Aufnahmen aus Tilburg, wo ich ja persönlich zugegen war, enthält, gab es bezüglich der Variante, die es sein sollte, auch keinen Zweifel.


TRANSATLANTIC - KaLIVEoscope (2DVD/3CD/Blu-Ray Deluxe Edition) (2014)

Will ich jetzt wirklich anfangen, "KaLIVEoscope" mit allen vorigen Livealben und -videos von Transatlantic ("Live In America", "Live In Europe", "Whirld Tour 2010" und "More Never Is Enough") zu vergleichen?

Das kann man natürlich machen. Hier ist der Sound ein bisschen besser/schlechter als dort, anderswo die Kameraführung und Bildregie. Hier ist Neal Morses Stimme schon ziemlich angegriffen, da verhaspelt er sich mit Roine Stolt etwas im Gitarrenduett... alles Kleinigkeiten, Kritik auf höchstem Niveau, alles Banane.

Hier spielen die Prog-Götter Transatlantic. Das sollte allein schon Kaufanreiz genug sein, auch wenn man vielleicht mit dem aktuellen Album "Kaleidoscope" nicht so warm geworden ist. Live legen gerade Songs wie "Shine" und "Black As The Sky" noch einmal ordentlich zu.

Das Package bietet wie gesagt zwei (oder auch zweieinhalb) verschiedene Konzerte.

Die drei CDs wurden aus den beiden Abenden in Tilburg zusammengestellt, wobei ich einige Lieder eindeutig anhand von Mike Portnoys Ansagen dem von mir besuchten Abend zuordnen konnte, bei anderen jedoch diesbezüglich ahnungslos bin. Das Yes-Cover "And You And I", welches live schon nicht so meines war, wurde ausgespart, dafür sind neben "Nights In White Satin" von The Moody Blues auch die zwei am Vorabend gespielten Stücke "Sylvia" und "Hocus Pocus" von Focus  vertreten, bei denen Originalkeyboarder/-flötist Thijs van Leer mit auf der Bühne stand.
An dieser Stelle vorfreue ich mich auch schon mal, dass die 1969 gegründete Progband nächstes Jahr beim Roadburn Festival auftreten wird...

Auf der Blu-Ray bzw. den DVDs ist das Konzert in Köln zu sehen, welches von der Länge her der Standard der Tour ist. Die drei Coverversionen sind jedoch als Bonus enthalten.
Dazu gibt es neben einem Bandinterview und einem wahnwitzigen Beatles-Song-Schnellerkennungswettstreit zwischen Morse und Portnoy die obligatorische Tourdokumentation, welche sich in drei Akte aufteilt (Nord- und Südamerika, die Progressive Nation At Sea-Kreuzfahrt und Europa) und ganz kurzweilig geraten ist.

Ein schön aufgemachtes Package mit jeder Menge Inhalt und Epics, epics, epics also - wie man es von Transatlantic erwartet. Einwandfrei! Meine volle Empfehlung!


(Für weitere Details zum Set, wie sich der kurzfristig eingesprungene fünfte Mann Ted Leonard schlägt usw. verweise ich hier nochmals auf mein englisches Konzertreview!)



Anspieltipps: Into The Blue, Hocus Pocus, Nights In White Satin, Kaleidoscope, Medley: All Of The Above / Stranger In Your Soul, We All Nee Some Light