Sometimes German, sometimes English. • The title of this blog used to change from time to time. • Interested in me reviewing your music? Please read this! • I'm also a writer for VeilOfSound.com. • Please like and follow Audiovisual Ohlsen Overkill on Facebook!

2010-01-25

Was ich gestern eigentlich sagen wollte...

"Ihr Scheißer! So eine verfluchte Scheiße! Was habt ihr hier für einen Scheiß gemacht? Was habt ihr... Wie habt ihr diese beschissenen Scheißer... Scheiße... Scheiße... Scheiße! Scheiße!"

"Freund, Du hast doch einen recht beschränkten Wortschatz."



Noch Fragen warum ich englischsprachige Filme lieber im O-Ton schaue? ;)



Ok, indirekt wollte ich sagen, dass mir die ganze deutsche Synchronisationskultur auf den Sack geht. So habe ich neulich mal auf Kabel 1 in LOST hineingeschaut. Lost, das ist vielleicht die großartigste Fernsehserie aller Zeiten (mal sehen, was die finale Staffel bringt), auf jeden Fall aber das revolutionärste Erzählformat der Fernsehgeschichte. Dazu kommen ein grandioses Casting, Orchesterscore und Drehorte, von denen andere Serien nur träumen können. Lost in einem Absatz oder durch fünf Minuten Erzählung zu erklären, geht nicht. Jeder Fan weiß das. Und Fans gibt es ja zur Genüge. Der weltweite Hype ist zurecht riesig.
Nur in Deutschland kann man als Lost-Kucker ziemlich einsam sein. Wenn ich mich in meinem Bekanntenkreis so umsehe... absolute Ahnungslosigkeit. Auch Unverständnis, dass ich solche Serien schaue. Wobei "solche Serien" natürlich Blödsinn ist, da es schlicht keine andere mit Lost vergleichbare Serie gibt.

Woher kommt diese Ahnungslosigkeit?
Erst einmal ist da natürlich die Synchronisation. Ich bin die Serie ja nur noch auf englisch gewohnt und ich war echt erschrocken, in welchem Ausmaß Ton, Atmosphäre und auch Sinn unter der Übersetzung leiden. Da stolpern Dialoge mühsam irgendwo in der Peripherie des Originalkontextes umher und werden Charaktere durch von allen Akzenten und Gefühlsregungen befreite deutsche Stimmen zu austauschbaren Handlungsrobotern degradiert, dass es ein Grauen ist. (Stichwort: Daniel Faraday)
Kein Wunder, dass sich der deutsche Zuschauer weniger leicht fesseln lässt.

Hinzu kommt, dass man Lost wirklich verfolgen muss. Man kann nicht einfach wie bei allen Superforensikerserien, Dr. House oder Sex And The City mittendrin einsteigen und mühelos das meiste verstehen. Lost muss man von Anfang an komplett verfolgen, anders geht es nicht.
Mit dieser Komplexität sind deutsche Fernsehsender, die ja nicht eben berühmt dafür sind, mit Serien umgehen zu können, natürlich heillos überfordert. Kabel 1 bemüht sich nun zwar mit der 5. Staffel (von sechs) darum, die Serie anständig zu verkaufen, aber dass der von Pro Sieben angerichtete Schaden jetzt noch zu beheben ist, darf getrost angezweifelt werden.
Und selbst wenn man sich bei der Promotion mehr Mühe gegeben hätte - z.B. nach ABC-Vorbild mit Zusammenfassungen und nach der Erstausstrahlung kostenlosen Folgen im Netz, damit man den Anschluss halten kann -, so gälte es immer noch jene deutsche Mentalität zu durchbrechen, welche Popkultur und Fernsehserien eben nicht als echte Kultur betrachtet. Fernsehserien sind hier doch in erster Linie in 20 bis 45 Minuten dosierte Sinnesberieselung, bei der sich einfach schön entspannt das Hirn ausschalten lässt. Was dieser Maßgabe nicht entspricht, hat es schwer.
Erstmal ist es durch die Synchronisation einfach schon nicht mehr so gut und dann wird es uns auch nicht erfolgreich nahe gebracht.
Wir haben ja auch gerne mal über ein Jahr Zeitverzögerung gegenüber dem Original. Das ist bei fortlaufenden Geschichten wie Lost, über deren Fortgang im halben Internet spekuliert wird, natürlich Gift. Wird der gemeine Zuschauer zu sehr angefixt, dann will er im Netz mehr erfahren, spoilert sich möglicherweise ohne Ende, da der Rest der Welt ja längst viel weiter ist und sieht dann zu, dass er sich die anderorts gerade aktuelle Staffel möglichst schnell auf DVD holt. Oder er schaut sie irgendwo als mehr oder weniger legalen Stream im Internet. Der deutsche Sender hat in beiden Fällen wenig davon.

Was also tun? Wie wäre es damit einfach mal ins kalte Wasser zu springen und die Eier zu haben, dem doofen deutschen Publikum zeitgleich mit dem Rest der Welt den Originalton zuzumuten?
Synchronisation ist einfach nicht mehr zeitgemäß. Basta.


Aber eigentlich war Lost momentan gar nicht der Hauptanlass für mich, auf das Thema zu kommen.

Meine wachsende Synchro-Abscheu ist ja auch einer der Gründe (nicht der einzige, klar, es gibt ja schließlich auch im Original deutsche Filme) warum ich nur ein extrem sporadischer Kinogänger bin - Filme, die es wert sind, fünfzig bis achtzig Kilometer ins nächste Kino zu fahren (nur Hinweg!), wo sie im O-Ton laufen, gibt es eben nicht allzu häufig.

Und so haben ich auch jetzt erst den - ich kann gar nicht sagen wie grandiosen - aktuellen Tarantino "Inglorious Basterds" gesehen.
Und ich bin froh darüber! Warum zum Henker gibt es für diesen Film überhaupt eine deutsche Fassung?

Da mutet der amerikanische Regisseur dem amerikanischen Publikum zu, in einem nicht eben kurzen und sehr dialogreichen Streifen bei vielleicht sogar über der Hälfte aller Szenen Untertitel zu lesen, da - die Handlung verlangt es so - eben gerade deutsch, französisch oder italienisch gesprochen wird.
Und die Deutschen? Anstatt sich zu freuen, dass man weniger Arbeit hat und es ebenso zu handhaben, wird eine Synchro drübergeknallt die ebenso unsinnig wie inkonsequent ist.

Nachdem ich Inglorious Basterds nun mehrmals verschlungen habe, wagte ich es aus Interesse einfach mal, mir ein paar Szenen in der deutschen Version zu genehmigen. Schließlich wird Sprache und Sprachkenntnis im Film zum handlungstreibenden Element. Vor allem seine Vielsprachigkeit begründet ja Hans Landas (Christoph Waltz) Überlegenheit. Aber auch im Geschehen um andere Figuren spielt Sprache in jedem der fünf Kapitel des Films immer wieder eine prominente Rolle.

Wie setzt eine Synchronisation das also um?

In Bezug auf französisch und italienisch ist die Antwort: gar nicht. Jene Sprachen werden nämlich erfreulicherweise gar nicht synchronisiert. Englisch jedoch sehr wohl.
Das ist inkonsequent und verwunderlich. Denn wenn der Sinn einer Synchro ist, Filme für uns verständlich zu machen, dann wären Französisch und Italienisch doch eigentlich dringender durch Deutsch zu ersetzen als Englisch, oder? Da wo ich herkomme ist jedenfalls immer noch Englisch die Fremdsprache, welche die meisten Leute zumindest bruchstückhaft verstehen.

Die englisch-französischen Szenen bleiben also synchronisiert sinngemäß einigermaßen erhalten, während sich an den deutsch-französischen und der deutsch-italienischen Szene nichts ändert, wenn man mal davon absieht, dass der Witz des unfassbar breiten amerikanischen Akzents in Lt. Also Raines Italienisch in der Synchro natürlich verpufft.
Raines Darsteller Brad Pitt, dessen Rolle ja ohnehin bewusst primitiv gehalten ist und zu siebzig Prozent von Aussprache und (in unsicheren Momenten eingefrorenem) Dauergrinsen lebt, leidet vermutlich vom gesamten Ensemble am meisten unter der deutschen Fassung. All die deutschen Darsteller können sich jedenfalls selbst synchronisieren, während Pitt natürlich seine coole aber unspektakuläre Standardstimme bekommt. Wo er im Original bei der Befragung eines deutschen Soldaten das Sagen hat, während Wilhelm Wicki seine Worte übersetzt, da klopft er in der deutschen Version Sprüche über Baseball und abgeschnittene Eier. Das mag seinem Wesen ja nicht widersprechen, aber es ist einfach unnötig.

Ganz seltsam ist aber die Schlüsselszene im Kino kurz vor Schluss. Ausgerechnet "Stolz der Nation", der deutsche Propagandafilm im Film wurde nämlich nicht synchronisiert und enthält somit also die einzige nicht synchronisierte englische Zeile "Who wants to send a message to Germany?", welche Kriegsheld Fredrick Zoller den flüchtenden Amerikanern hinterherschmettert. Schon seltsam. Und doppelt seltsam, wenn man sieht, dass die im Original direkt darauf in englisch antwortende Französin Shosanna dann aber sehr wohl wieder deutsch spricht...

Aaaargh, was für ein verwirrender kontraproduktiver Sprachmus! Und so unnötig.
Merke: Gerade bei Inglorious Basterds niemals die deutsche Fassung kucken!

Ein gutes hat die Synchro allerdings, nämlich die dazu passenden Untertitel auf der DVD.
Ich schaue den Film also bevorzugt im Originalton mit Untertiteln nur für französisch und italienisch, aber nicht für deutsch und englisch. Ist allerdings beim ersten Sehen nicht zu empfehlen, da das Breitmaulfroschgenuschele von Aldo Raine in manchen Szenen schwieriger zu verstehen ist als Schwizerdütsch. ;)

In diesem Sinne: Guats Nächtli!

Of Een moje Nacht!, wo ik seggen wörd wenn ik platt snacken könt.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen