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2008-04-26

ein paar Worte zu Itzehoe, itzrock und der schwierigen Vereinbarkeit von Klarheit und Empörung

Junge, Junge! *mirselbstmalkräftigaufdieSchulterklopf*
Für meine Verhältnisse bin ich hier doch seit der Layoutänderung richtig fleißig geworden.
Heute wird es hier schon wieder sehr itzehoe-lastig, also für Nichtbetroffene sicherlich ziemlich zäh. ;)

Zunächst einmal möchte ich mit meinem Eigenlob fortfahren und mir dazu gratulieren, über die schlimme Lesung berichtet zu haben, welche letzte Woche in der Alsen-E-Werkstatt so bodenlos frech das Konzept der Kulturnacht torpedierte. Die gedruckte Lokalpresse hatte dafür nämlich leider kleinen Platz gefunden. Nur der ohne erkennbaren Zusammenhang dastehende Halbsatz "man [...] erzählte sich die neuesten Alsen-Witze" in ihrer Kulturnacht-Berichterstattung ließ mich kurz etwas stutzig werden.
Als eine der wenigen Quellen über dieses Geschehnis möchte ich dann auch gerne nachreichen, dass es dort vor dem Auftritt von Fast Tired auch noch eine kleine Ton-Steine-Scherben-Darbietung der Band Grenzgebeat gegeben hat. Habe ich leider unterschlagen, weil ich da nach dem obligatorischen Beinevertreten noch im Pausenmodus gewesen bin. ;)


Doch nun zum tagesaktuellen Anlass meines Postings. Derzeit macht nämlich das - für Amateurverhältnisse übrigens ganz beachtliche - Video "Klare Worte" der itzehoer Hip-Hop-Gruppe Suder Crew in der Störstadt eine kleine Welle. Man schaue hier:



Dem Grundtenor des Stückes (Songtext HIER) kann ich wie wohl die meisten Steinburger nur zustimmen, auch wenn es sich schon durch die eben doch unklare Adressierung (IHR, IHR, IHR, womit mal diese, mal jene gemeint sein können) angreifbar macht, was sich z.T. auch in der Diskussion, z.B. im entsprechenden Artikel der Norddeutschen Rundschau und den Leserkommentaren darunter, niederschlägt.

IHR, das sind all jene in der Verwaltung unserer Kreisstadt, welche - oftmals angetrieben durch aberwitzige Metropolenphantasien - immer wieder durch enorme Fehlplanungen und -investitionen glänzten.
Meine persönliche Theorie ist ja, dass alle vernünftigen stadtplanerischen Intelligenz Mitte der Siebziger Jahre bei der Zuschüttung der Störschleife mitbegraben wurde.
Wie sonst kann man darauf kommen, ohne jede Not das auch im Lied erwähnte millionenschwere Parkhaus zu bauen, welches vom Bund der Steuerzahler seither mit seinem beispiellosen Leerstand immer wieder als Paradebeispiel für verantwortungslosen Umgang mit Steuergeldern angeführt wird?
Warum sonst errichtet man einerseits ein für mittelstädtische Verhältnisse vollkommen überproportioniertes Theater, welches jährlich ebenso überproportionierte Subventionen frisst, kann anderseits aber mit einer nur 5-stelligen Summe nicht einen Bruchtteil dieser Gelder freimachen, um einem kleinen historischen Schiff einen vernünftigen Unterstand zu bauen?
Die Liste dieser Fragen ließe sich noch weit weit fortsetzen. Man denke beim Thema Parken (in Itzehoe eigentlich stets wegen zahlreicher freier Plätze eine leichte Übung) z.B. auch an das inzwischen wieder eingestampfte elektronische Parkleitsystem. *hüstel*

Und dann natürlich Alsen.
Es ist ja generell höchst selten, dass historische Industrieanlagen als Zeitzeugnis und Kulturgut betrachtet und entsprechend gewürdigt werden. Das Alsen-Zementwerk bildete da bei seiner Schließung in den Achtzigern keine Ausnahme, womit die Einstampfung im Grunde schon feststand. Nur dass der Zeitpunkt bei vielen Gebäuden noch so weit in der Zukunft liegen würde, das hätte damals wohl viele Leute überrascht. ;)
Es kam die Sprayerkultur, es entwickelte sich der heutzutage absurd scheinende Mythos und es wurden unterdessen immer wieder neue Luftschlösser rund um die Nutzung der Ruinen bzw. des Areals, auf dem sie noch standen, gebaut. Die Politik immer gerne mit dabei, man gibt's schließlich gerne aufgeschlossen und innovativ.
Aber passiert ist letztendlich doch immer nur dann etwas, wenn Wahlen anstanden bzw. als der MediaMarkt als Einnahmequelle an die Tür klopfte.
"Etwas" bedeutete natürlich immer Abriss. Ok, fast immer...
Der "Graue Esel" direkt an der Delftorbrücke sollte ja renoviert werden. Man entrümpelte und entkernte ihn, baute ein schönes Gerüst um ihn herum... und dann erstmal lange Zeit nichts, ehe irgendwem dann doch die Erkenntnis kam, dass die Substanz nicht mehr zu retten war und auch hier abgerissen wurde. Vielleicht hätte da im Vorfeld einfach mal ein Verantwortlicher sich das Ding von innen anschauen sollen. Ich war ein paar Mal drinnen und hätte auch als absoluter Laie die absolute Sinnlosigkeit einer Renovierung feststellen können. ;)

Wer googelt, der wird rund um Itzehoe leicht noch mehr solche Sternstunden finden. Bei all dieser Fehplanerei und Geldverschwendung muss man natürlich irgendwo wieder sparen. Zum Beispiel am Bücherei-Etat. Oder eben bei den Jugendeinrichtungen.

Aber nun zurück zu "Klare Worte":
IHR sind im Songtext ja ebenso die nicht vorhandenen Gründer von Alternativen zum "Fight Club". Aber wer soll es ihnen denn verdenken, dass sie nicht vorhanden sind?
Schließlich müssen diese Leute ja ihr eigenes Kapital einsetzen und riskieren und nicht das der Steuerzahler. In einer Stadt des Leerstands und der Abrisse gehört dazu viel Mut. Angesichts der Schicksale von "Hollywood" und "Lichtschauspielhaus" kann man vielleicht sogar von Übermut reden. Und wem soll man es verdenken, den nicht zu haben?


Ein weiteres der vielen IHRs - und wegen dem schreibe ich das hier überhaupt, da ich sonst noch keinen Widerspruch dazu gelesen habe - ist tatsächlich meine Band, Das Rote Universum.


Naja, direkt namentlich erwähnt werden wir nicht. ;)
Aber da wir ja auch Mitglied im itzrock-Verein sind, sei uns erlaubt, uns durch folgende Zeilen einfach mal ebenfalls angesprochen zu fühlen:

"Wenn ich irgendwas verspreche, halt' ich es auch ein!
Also itz’rock, habt ihr Proberäume? Nein!
Keine Gage, keine Räume, dann wisst ihr, was ich mein’.
Er bringt uns auch nicht weiter - euer Möchtegern-Verein."

Äääähem... Da muss ich mich doch mal lautstark räuspern.
Nicht weil meine Band sehr wohl einen eigenen Proberaum besitzt *g*, sondern weil hier einfach gegen die Falschen geschossen und das eigene Boot versenkt wird.

Natürlich möchte der Verein gerne Proberäume vermitteln und Auftritte auftun, die angemessen vergütet werden. Aber daran, dass dies versprochen wurde, kann ich mich nicht erinnern. Denn anders als es im Text mit seiner IHR-Suppe rüberkommt, ist itzrock ja keine mit entsprechenden Finanzmitteln ausgestattete Institution der Stadt, sondern tritt dieser - so wie auch allen anderen Veranstaltern und Sponsoren in der Regel ganz im Gegenteil als Bittsteller entgegen. Oder habe ich da etwa bei einem entscheidenen Treffen gefehlt?

Dabei kann ich den Frust an sich, wenn für einen persönlich lange Zeit nichts herausspringt, ja durchaus nachvollziehen. Das was seit kurzem tatsächlich nicht mehr ein Möchtegern-, sondern ein eingetragener Verein ist, hat auch mich schließlich jahrelang eher zum Lästern als zu Luftsprüngen verführt.
Ich denke da an das Jahr 2000 zurück, in dem es nach der ersten Blütezeit doch eher bergab ging. Das bestbesuchte itzrock-Konzert des Jahres fand damals mit Forgotten North und unserer damaligen Band Osh im Stadttheater statt. Schön und gut so weit. Danach hatte das aber überhaupt keinen Wert. Itzrock war bald im Grunde nur noch der Titel für Rockkonzerte im Goosmarkt. Und wer es wagte zu sehr zu rocken, der musste draußen bleiben. Meine Beteiligung an den Treffen stellte ich folgerichtig schnell aus Zwecklosigkeit wieder ein.

Das ging ja nicht nur unserer Band so und sprach sich natürlich auch herum. Dank dieser Zeit und dem an die unrühmliche Stadt angelehnten Namen hat itzrock trotz allen gegenteiligen Bemühungen nach wie vor in Musikerkreisen ein echtes ausgewachsenes Imageproblem, was angesichts des heutigen Engagements des Vereins wirklich ungerechtfertigt und schade ist.

Zu großem Teil wird sich dieses Problem aber vielleicht mit etwas Geduld erledigen. Denn trotz Rückschlägen passieren ja nun schon immer mehr Sachen - in der Stadt wie im Kreis. Reicht es schon aus? Gewiss nicht. Aber der eingeschlagende Weg stimmt. Und das sollte irgendwann ins allgemeine Bewusstsein sickern. In der Kulturwüste findet trotz akutem Locationmangel Livemusik regionaler Bands statt - das ist hier wirklich keine Selbstverständlichkeit und schon ein Wert an sich.

Also liebe Jugendliche - macht ab und zu zumindest für den Hinweg mal vom Saufen und Kiffen eine Pause und nutzt die Angebote, die da kommen mögen! ;)

Amen.

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