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2014-08-19

BEHEMOTH - The Satanist

FOR THINE IS THE KINGDOM
AND THE POWER
FOR THINE IS THE KINGDOM
AND THE GLORY
FOREVER!

"The Satanist" ist bisher neben Bongs genre-redefinierendem "Stoner Rock" dieses Jahr wohl der kühnste Albumtitel, der mir untergekommen ist. Denn Teufelzeugs an sich ist im Metal natürlich extrem ausgelutscht. Und wenn eine Band es dennoch so unverschnörkelt wie Behemoth auf den Punkt bringt, dann sollte sie  auch besser mächtig abliefern, damit es nicht peinlich wird.

Das Artwork von Cover und Booklet macht auf jeden Mal schon etwas her, und beim Überfliegen der liner notes und Texte verfestigt sich schnell der Eindruck, dass es hier weniger ums Kirchenanzünden und Christenzerstümmeln geht, als um eine metaphorische Erfahrung, verpackt in jenem Satanismus, der sich eher als individualistische Lebensphilosophie sieht und an dem vermutlich am beklopptesten ist, dass er sich überhaupt auf den ganzen Religionsquatsch bezieht.*

Aber was weiß ich schon von der Materie; ich bin ja in erster Linie wegen der Musik hier. Also schmeißen wir das Album doch mal in den Player:


BEHEMOTH - The Satanist (2014)

Boooaaaahhhh! - Das war mein erster Eindruck, und im Grunde hat sich daran auch noch nicht viel geändert.
 "The Satanist" ist vom ersten Moment an - und über seine gesamte Spielzeit - eine beeindruckende Black/Death Metal-Machtdemonstration.

Der Stil von Behemoth ist artverwandt mit Bands wie Morbid Angel, Nile oder den polnischen Landsmännern Vader. Somit ist zu erwarten, dass "The Satanist" sowohl brutal als auf spielerisch höchstem Niveau daherkommt.
Dabei ist das Album allerdings niemals ver-spielt, sondern immer direkt, auf den Punkt, in die Fresse.

Und das bedeutet ganz und gar nicht, dass abseits von tief begrunzter Knüppelei nichts passiert! Nein, "The Satanist" ist tatsächlich voller Abwechslung, frischer Ideen, nicht alltäglicher Sounds. Das Entscheidende ist jedoch, dass hier keine Sekunde verschwendet und jedes Element bewusst dem großen Ganzen dienend platziert wurde.
Ob Gabriel über Blastbeats die Hörner bläst, ob Celli oder Hammond-Orgel im Hintergrund das Trio unterstützen, ob ein für Genreverhältnisse unverhältnismäßig gitarrenheldiges Solo erklingt oder Mastermind Nergal einfach mal über akustischer Gitarre und Saxophon statt englisch zu brüllen auf polnisch spricht - nie fällt die Spannung ab, stets bleibt es intensiv, erhaben, mitreißend... böse.
      
Und der Sound ist grandios. Bei dermaßen brutaler Musik ist die Gefahr immer groß, dass die Produktion zu matschig oder zu klinisch ausfällt. Doch der Klang von "The Satanist" findet das perfekte Gleichgewicht. Trotz reichlichem Einsatz mächtigen großräumigen Halls sind die Instrumente klar erkennbar, bleibt die unbarmherzige Brutalität ungebrochen.

Ja, "böse" und "brutal" kann ich nicht häufig genug sagen. Und zwar nicht, weil es nicht zahlreiche andere Scheiben auf der Welt gäbe, auf die diese Vokabeln ebenso oder sogar noch mehr zutreffen - die gibt es reichlich. Doch dass diese Aspekte bei einer Death Metal-Band dermaßen perfekt inszeniert und doch natürlich, organisch wirken, das kommt nicht jeden Tag vor und ist große Kunst.

Wenn "The Satanist" nach einer wie im Fluge vergangenen Dreiviertstunde mit dem übermächtig bombastischen "O Father O Satan O Sun!" zu Ende geht, ist das schwarze Death-Metal-Herz entweder wunschlos glücklich - oder es drückt Replay. Yep, ich liebe dieses Album, und zwar noch mehr als ich nach dem beeindruckenden Auftritt neulich in Wacken erwartet hätte.



Apropos Auftritt: Die Version des Albums, für die ich mich entschieden habe (erkennbar an der silbernen Box, in der man sich sinnigerweise sehr gut selbst als der Satanist spiegelt), enthält als Bonus eine DVD mit einem Konzert in Russland im Jahre 2012. Kann man natürlich auch gut hören, ist allerdings anstrengend anzuschauen. Ich sag nur: Stroboskop-Gewitter.


Anspieltipps: O Father O Satan O Sun!, Ora Pro Nobis Lucifer, Blow Your Trumpets Gabriel, In The Absence Ov Light



*Damit sich hier nicht nur gläubige Christen alleine auf den Schlips getreten vorkommen, eine kleine persönliche Randnotiz, die mit dem Review an sich nichts zu tun hat:

Ich halte grundsätzlich alle auf reiner Fantasie beruhenden (Hinter-)Weltanschauungen für nicht alltagstauglich, egal ob es sich um Religionen handelt, Teufels- und Geisterkult oder um diffuse Formen von Esoterik oder sonstiger "Spiritualität", die sich explizit von Religion abgrenzen, aber im Grunde doch genau dasselbe meinen, nämlich sich durch Berufung auf Märchen eine äußerst komplexe Welt einfacher zu zaubern.

Anderseits gibt es auch Menschen, die sich die Welt gerne komplizierter schwurbeln, als sie in Wirklichkeit ist. Das nennt sich dann "Verschwörungstheorie" und ist in meinen Augen auch nicht besser.
In der Kunst, egal ob Literatur, Film, Musik etc. haben all diese Phänomene natürlich ihre Berechtigung und oftmals großen Unterhaltungswert (ebenso wie z.B. Selbstjustiz, Mord und Todessterne), aber als Grundlage irgendwelcher Meinungsbildungen, Handlungen und erst recht Gesellschaften in der Wirklichkeit halte ich sie für überflüssig bis gefährlich.
Die Welt braucht nicht noch mehr Spinnerei, sondern vor allem zwei Dinge, die derzeit leider überall eine viel zu schwache Lobby haben: Atheismus und Vernunft.

Amen. 



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