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2012-11-24

SWANS live im Kampnagel, Hamburg (22.11.2012)

"Sie mag Musik nur, wenn sie laut ist / Wenn sie ihr in den Magen fährt / Sie mag Musik nur, wenn sie laut ist / Wenn der Boden unter den Füßen bebt [...]"

Weiter habe ich Herrn Grönemeyer nicht mehr singen lassen. Trotzdem schon ein bemerkenswerter Zufall, dass das Stück letzte Nacht gerade dann im Radio lief, als ich gerade nach zwei Stunden Lärmkaskade (= Swans-Konzert) die Heimfahrt antreten wollte.

Dabei ging es doch zunächst ganz entspannt los...

Da ich vorher noch nie im Kampnagel war, vorher noch ein paar Zwischenstopps auf dem Hinweg eingeplant hatte, die dann doch nicht so lang ausfielen, und vor allem weil ich mir nicht sicher war, ob die Zeitangabe auf dem Ticket für Einlass oder Beginn stand, war ich ziemlich früh da und hatte vor Ort reichlich Zeit, mich weiter vorzufreuen und den Merchandising-Stand leerzukaufen. Nur der Umstand, dass ich vergessen hatte, noch etwas Bargeld abzuheben, hat mich davor bewahrt. ;)

Und auch musikalisch war es zunächst einmal eher ruhig.

Sir Richard Bishop setzte sich mit seiner Akustikgitarre mitten in die mit Boxen, Verstärkern und Instrumenten gefüllte Bühne und spielte gekonnt zum Flamenco auf.
Als er dann aber anfing mit Delay und weiteren Effekten zu spielen, wurde es mitunter auch schon ziemlich krank und getösig, also die perfekte Unplugged-Einstimmung auf das, was danach kommen sollte...


Ob die Swans live einfacher oder schwerer zu beschreiben sind als auf Platte, da kann ich mich noch nicht entscheiden. Einerseits leichter, weil sie während der zweistündigen Darbietung von sieben Songs auf ruhigere Stücke komplett verzichtet haben, so dass nur wenige Minuten - extrem relativer - Entspannung im Set blieben. Man kann also sagen, es war eine riesige Krachorgie und liegt damit sachlich nicht falsch.

Anderseits ist der unglaubliche Lärmorkan, den die sechs Herren auf der Bühne entfachen, in seinem Nuancenreichtum sowohl der Darbietung als auch der Rezeption noch viel unmöglicher zu fassen als eine Studioproduktion.

Denn in Wahrheit ist das, was einem da die Ohren grundreinigt, ja nicht zufällig dahingeschreddert, sondern alles vielschichtige, anspruchsvolle Musik, die sich ganz bewusst ihren Plätze zwischen Postrock-Symphonie und Grundrauschen sucht - und sich von dort aus so tonnenschwer auf uns kleine Menschlein stürzt, dass ich mich in dem Tagtraum wiederfinde, die Swans würden in Wacken spielen. Wieviele tausend Metaller würden sich dort wohl vor Angst in die Hosen kacken?

Kontrolliert und dirigiert wird alles von Michael Gira, der minimale Riffs zu Ritualen macht und die überlangen Stücke wie der Zeremonienmeister eines Kultes zelebriert.

Was seine Schwanenkirche mit meiner Seele letztendlich anstellen will, weiß ich zwar noch nicht, doch ich bin zum Jünger konvertiert, so viel steht fest. Obwohl ich ja ohnehin schon lange ein Freund kakophonischer Katharsis bin, hat dieser Abend im Kampnagel mein Musikverständnis noch einmal um einige Meter erweitert.

Und was kann man von einem Konzert mehr erwarten?


Setlist:

  • To Be Kind
  • Avatar
  • She Loves Us
  • Coward
  • The Seer
  • Nathalie
  • The Apostate

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